Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Das Lyrische Quartett vom 25.06.2014
Mit Gast Ijoma Mangold
rotz all seiner Erfahrung, so sagte Ijoma Mangold zu Beginn des zweiten Lyrischen Quartetts 2014, habe seinen Gastauftritt eine gewisse Nervosität begleitet. Zu recht, meinte Heinrich Detering mit einem Schmunzeln, denn darin war man sich einig: Der interpretatorische Umgang mit Gedichten gehört zu den anspruchsvollen Aufgaben der Literaturkritik. Mangold präsentierte im Format des ‚Haltbarkeitstests’ den vor zwanzig Jahren erschienenen Band „Den Teuren Toten“ von Durs Grünbein und lobte den Charme der Gedichte, die in der Kombination antiker Epigrammatik und moderner Zeitungsmeldungen „das Urälteste und das Zeitgenössischste zusammenziehen“. Den klassischen Vorwurf des aktuellen „Grünbein-Bashings“, er sei zu sehr poeta doctus, könne man hier kaum erheben. Dieser Ansicht schlossen sich die Anderen der Tendenz nach an, obgleich Harald Hartung festhielt, der Band sei in seinen schlechteren Momenten eben doch nur „ein Augenzwinkern für den gebildeten Feuilleton-Leser“.
Es folgte die Besprechung der gesammelten Gedichte von Karin Kiwus, unlängst unter dem Titel „Das Gesicht der Welt“ bei Schöffling erschienen. Kristina Maidt-Zinke beobachtete „eine fragende Unruhe in den Gedichten“, von denen die längeren „sehr interessant“ seien, Etliches aber auch „von einer enttäuschenden Harmlosigkeit“. Einig war man sich darin, dass die unaufgeregten Texte von Kiwus den Charakter einer „lyrischen Unterhaltungsliteratur“ hätten, uneinig in dessen Bewertung. Hartung sprach von einer solchen Beobachtung als „Todesurteil“, Detering sprach sich emphatisch dagegen aus: Er verstehe nicht, warum in Deutschland von Gedichten immer „das Äußerste an Verdichtung“ verlangt werde, warum man nicht auch leichter Bekömmliches schätzen könne. Da würden bei Prosa und Lyrik, ihm unerklärlich, andere Maßstäbe gesetzt.
Lebendig gestaltete sich die Diskussion auch im Folgenden. Yayah Hassans Gedichte forderten vor allem zu Kategorisierungsversuchen auf: Vom „Ur-Ei des Bedürfnisses, sich literarisch auszudrücken“ (Detering) war da die Rede, von der „Verwandlung von Gewalt in Literatur“ (Mangold), vom „Geschäftsmodell Rimbaud“ (Hartung). Abschließend stand die kürzlich in der Edition Lyrik Kabinett erschienene Gedichtsammlung von Geoffrey Hill zur Diskussion, deren Übersetzung von Werner von Koppenfels mit viel Lob bedacht wurde. Das Alles wie immer in Gänze hier nachzuhören:
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