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Von Glas und Nichts
Wolfgang Berends und Àxel Sanjosé
präsentieren ihre jüngsten Bände

Dass beide in dieser Lesung zusammengeführten Dichter gerade ihren jeweils dritten Band vorgelegt haben – Wolfgang Berends, geboren 1966, Manchmal um uns Glas (Stadtlichter Presse) und Àxel Sanjosé, geboren 1960, Das fünfte Nichts (Rimbaud Verlag) – kann als äußeres Zeichen einer tieferliegenden Verbindung gedeutet werden: der selbstbewussten Widerständigkeit ihres Schreibens innerhalb der Gegenwartslyrik. Wenn Sanjosé, dessen Werk oft irreführend als ‚hermetisch‘ bezeichnet wird, Kant und Königsberg als Kassiber ethischer und erkenntnistheoretischer Reflexionen einsetzt, einen Jahreslauf antäuscht oder traditionelle poetische Formen oder Gesten mit zündender Komik neu bewusst macht, geht davon eine schwer beschreibliche Sogwirkung aus. Oder auch, wenn Berends in der Natur eine existentielle Dimension jenseits des Landschaftlichen erspürt und über „Erleuchtungen des instrumentalisierten Himmels“ nachdenkt. Immer geht es beiden um Wesentliches: um (im Wortsinn) lapidare und lakonisch-suggestive Ordnungen, die einen Sinn jenseits von Wortbedeutungen erschließen; um kommunikative Energien, die sich aus Negationen und Verweigerungen des Abgegriffen speisen; um Beschwörungen mittels des Verses, dieser „Ein-Satz-Kraft der Poesie“ (Berends). Zwischen diesen lyrischen Horizonten vermittelt die Dichterin, Lektorin und Moderatorin Karin Fellner, geboren 1970, deren jüngster Band eins: zum andern (Parasitenpresse 2019) in diesem Herbst einer Tagung des Netzwerks Lyrik zum Verhältnis von Lyrik und Wissenschaft den Titel gab.

Foto unten: Àxel Sanjosé (c) Ulrich Schäfer-Newiger

Oh, Herbstlichkeit, du schöne Maid,
lass uns den Winter ahnen,
der breit hinter der Mühle ruht
auf requirierten Planen.

Der Rahmen blättert Gold ins Bild,
hier standen wir noch lange.
Wir gönnten aus Taschkent uns schon
die letzten gelben Pflaumen.

Àxel Sanjosé, Das fünfte Nichts (Rimbaud Verlag 2021), S. 47.

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Manchmal um uns Glas

Kannst du bitte die Fenster zumachen? –
Die Engel reden wieder in Zungen
und meine Landschaft beginnt nicht,
hör ich im Wald die Wolken winseln.

Wir sind nah beim Bruch und ich
würde so dürfen, als ob des Lebens Erwartung
die Wörter von sich befreit,
die nicht nur die Ohren verführen:

Manchmal um uns Glas.

Wolfgang Berends, aus: Manchmal um uns Glas, Stadtlichter Presse 2021, S. 48.

Von Glas und Nichts

Wolfgang Berends
und
Àxel Sanjosé
präsentieren
ihre neuen Bände

Durch den Abend
führt:
Karin Fellner

Dienstag, den 18.10.2022
19:00 Uhr

Lyrik-Bibliothek
Amalienstr. 83a
 

Eintritt: € 8 / erm. € 6;
Mitglieder unseres Freundeskreises freier Eintritt.
Abendkasse, freie Platzwahl.
Die Lesung ist wenige Tage nach der Veranstaltung nachzuhören auf www.dichterlesen.net.

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