Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
„Wie man Gedichte schreibt, weiß man selbst nicht. [...] Nur durch Zufälle entsteht das Werk überhaupt“, denkt Olga Martynova über das eigene Schreiben nach. Und weiter: „Der erste Schritt: Ich warte auf ein paar schöne Zufälle und dann sehe ich ob und was ich mit ihnen machen kann.“ Die Form, in die diese Zufälle gegossen wurden, war über Jahrzehnte lang die russische Sprache. Jetzt liegt erstmals ein deutschsprachiger Gedichtband Martynovas vor: Seit dem Tod ihres Mannes Oleg Jurjew 2018 schreibt sie ihre Gedichte auf Deutsch. Eine Wandlung, ein neuer Raum, eine neue Dimension des lyrischen Ausdrucks: „Wenn ein Wort unverhofft / Beschwörung wird – warum dieses?“ Olga Martynova ist 1962 in Sibirien geboren, Autorin, Lyrikerin, Essayistin und Übersetzerin. Sie lebt heute in Frankfurt a. M. Gemeinsam mit ihrem Mann Oleg Jurjew, Valery Schubinsky und Dmitry Sachs gründete sie die Dichtergruppe Kamera Chranenija („Aufbewahrung“). Ilma Rakusa, 1946 in der damaligen Tschechoslowakei geboren, lebt jetzt in Zürich; sie ist Lyrikerin, Prosaautorin, Kritikerin und Übersetzerin und setzt sich für die Vermittlung osteuropäischer Literaturen ein.
Abschied vom Buch
… ein Gedicht ist nie fertig,
wenn es zum endgültigen Text wird,
wird ein Falter, der eben noch flatterte,
zu seinem eigenen Abbild,
einem Papierbeschwerer.
Beim Lesen lebt er wieder.
Nicht immer. Manchmal. Selten.
Olga Martynova, Such nach dem Namen des Windes,
S. Fischer 2024, S. 111.