Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Bei der Erstveröffentlichung ein Skandal, verteufelt und mehrfach verboten: Charles Baudelaires Les Fleurs du Mal (1857) wurden zu einem Grundlagentext der literarischen Moderne. Mit ihrer Sprachmagie, ihren Exorzismen der Verzweiflung, ihrer Ästhetisierung des Makabren und Morbiden, und nicht zuletzt mit ihrer gewagten Erotik öffnen sie vor den Lesern den inneren Abgrund eines Subjekts, das die Entstehung des modernen Bewusstseins als seelische Zerreißprobe durchleidet. Für seine Neuübersetzung des Werks erhielt Simon Werle 2017 den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis. 2019 ließ er dann den Spleen von Paris folgen und Übersetzungen aus dem unbekannten Frühwerk. Damit liegt Baudelaires poetisches Gesamtwerk erstmalig in zwei Bänden vollständig auf Deutsch vor. Zusammen mit Julien Attencourt präsentiert Werle an dem Abend zentrale Stationen der poetischen Entwicklung Baudelaires daraus und erläutert dabei auch die Leitlinien seiner Übersetzungen, die inhaltliche und formale Treue miteinander versöhnen.
Harmonie du soir
[…]
Le violon frémit comme un coeur qu’on afflige,
Un coeur tendre, qui hait le néant vaste et noir !
Le ciel est triste et beau comme un grand reposoir ;
Le soleil s’est noyé dans son sang qui se fige.
Un coeur tendre, qui hait le néant vaste et noir,
Du passé lumineux recueille tout vestige !
Le soleil s’est noyé dans son sang qui se fige …
Ton souvenir en moi luit comme un ostensoir !
Abendharmonie
[...]
Die Geige wehklagt wie ein Herz, verletzt vom Leben,
Ein Herz voll Angst, dass es im schwarzen Nichts vergeht !
Der Himmel prangt als Ruhaltar in herber Majestät,
In ihrem Blut, das stockt, ertrank der Sonne Glut soeben.
Ein Herz voll Angst, dass es im schwarzen Nichts vergeht,
Versucht des lichten Einst versunkene Spur zu heben !
In ihrem Blut, das stockt, ertrank der Sonne Glut soeben …
Als leuchtende Monstranz dein Andenken in mir ersteht !
Charles Baudelaire, aus: Les Fleurs du Mal / Die Blumen des Bösen. Übersetzt von Simon Werle, Rowohlt 2017, S. 312f.
Harmonie
du soir
Die Blumen des Bösen und Der Spleen von Paris von Charles Baudelaire
Simon Werle
präsentiert
seine neuen
Übersetzungen
Rezitation:
Julien Attencourt
Lyrik-Bibliothek
Amalienstraße 83a / Rückgebäude
80799 München
Eintritt: € 8 / erm. € 6
Mitglieder des Freundeskreises: freier Eintritt
Abendkasse, freie Platzwahl