Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Das lyrische Werk Gottfried Benns, entstanden in den Jahrzehnten zwischen 1911 und 1956, wird von vielen Motivketten durchzogen. Besondere Akzentuierung erfährt dabei das Verhältnis zu Frauen - ebenso schnöde wie unsympathisch, leidenschaftlich, larmoyant und manchmal sogar liebevoll. Aus den vier Phasen der Bennschen Poesie, vom schrillen Expressionismus über die süffigen Reimstrophen der 20er Jahre, dem Sprechton der Statischen Gedichte des Weltkriegs und der beleidigten Ohne-mich-Pose seiner Spätzeit, entsteht ein Potpourri, das den Ausdruckswandel und die handfesten biographischen Zusammenhänge dieser Texte aufweist: Drei Ehen mitsamt fortgegebener Tochter, zwei Dutzend „Verhältnisse“ und ungezählte Poussagen bis zuletzt... – eine erfrischende Huldigung an den vor 50 Jahren verstorbenen Dichter, die auf seinen herrlichen Machismo so wenig verzichtet wie auf priapistischen Schwulst und anrührende Entzündung durch Leidenschaft, die echten und daher leisen und auch die falschen (weil überlauten) Töne also bei einem Autor, der sich Zeit seines Lebens in der Rolle des bindungsängstlichen Womanizers gefällt: “Und dann will sie erst den Mund nicht, aber dann will sie doch – phantastisch, alle Himmel leuchten, man ahnt etwas, alles zittert – So ist die Sache.“
Gerhard Schuster (geb. 1956), Herausgeber der Sämtlichen Werke Gottfried Benns in der kritischen Stuttgarter Ausgabe bei Klett-Cotta, arrangiert das überlieferte Material, erweitert durch Briefe und Prosa, zur Revue eines sehr unfeministischen Weltbildes.
Stefan Hunstein, geb. 1957, Schauspieler (auch in Film und Fernsehen), Rezitator und Photograph. Engagements zunächst in Freiburg in Br. und Bochum, dann am Bayerischen Staatsschauspiel; 11 Jahre Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele unter Dieter Dorn, seit 2001 erneut am Staatschauspiel.
D-ZUG
Braun wie Kognak. Braun wie Laub. Rotbraun.
Malaiengelb.
D-Zug Berlin-Trelleborg und die Ostseebäder.
Fleisch, das nackt ging.
Bis in den Mund gebräunt vom Meer.
Reif gesenkt, zu griechischem Glück.
In Sichel-Sehnsucht: wie weit der Sommer ist!
Vorletzter Tag des neunten Monats schon!
Stoppel und letzte Mandel lechzt in uns.
Entfaltungen, das Blut, die Müdigkeiten,
die Georginennähe macht uns wirr.
Männerbraun stürzt sich auf Frauenbraun:
Eine Frau ist etwas für eine Nacht.
Und wenn es schön war, noch für die nächste!
Oh! Und dann wieder dies Bei-sich-selbst-Sein!
Diese Stummheiten! Dies Getriebenwerden!
Eine Frau ist etwas mit Geruch.
Unsägliches! Stirb hin! Resede.
Darin ist Süden, Hirt und Meer.
An jedem Abhang lehnt ein Glück.
Frauenhellbraun taumelt an Männerdunkelbraun:
Halte mich! Du, ich falle!
Ich bin im Nacken so müde.
Oh, dieser fiebernde süße
letzte Geruch aus den Gärten.
Gottfried Benn
Eine Frau ist ein Gegenstand
Gottfried Benn-Revue
Aus Anlaß seines 50. Todestages
Vorgestellt von
Gerhard Schuster
Rezitation: Stefan Hunstein
Am Klavier: N. N.
Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei