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Das Wunder von Al-Andalus

Al-Andalus, das maurische Spanien, brachte eine Hochblüte orientalischer Kultur auf europäischem Boden hervor. In Córdoba und Sevilla, Granada und Valencia entstand eine Lyrik von höchster Verfeinerung und Musikalität, zunächst auf Arabisch, dann – unter arabischem Einfluss – auf Hebräisch. Diese poetische Welt war in deutscher Sprache bislang kaum erschlossen. Vor kurzem erschien in der Neuen Orientalischen Bibliothek (C. H. Beck) eine Anthologie, welche diese Dichtung erstmals überhaupt in ihrer mehrfachen Ausprägung vorstellt: die arabische, hebräische – und auch frühromanische – Lyrik von al-Andalus wird als Einheit erfahrbar. Die Themen sind überzeitlich: die Liebe in all ihren Spielarten, von unver-blümter Sinnlichkeit zu mystischer Überhöhung; die Freuden der Freundschaft; die Unbeständigkeit der Macht und die Vergänglichkeit des Glücks. Die Religionen werden tolerant gesehen, ihre Grenzen oftmals frivol überschritten. Das Wunder von al-Andalus – ein unwiederholbares Zeugnis eines Sich-Durchdringens von Judentum und Islam, das in Blut und Un-terdrückung unterging.

Georg Bossong, geb. 1948, studierte Romanistik, Orientalistik und allgemeine Sprachwissenschaft. Die semitisch-romanischen Sprachkontakte sind seit seiner Habilitation einer seiner Forschungsschwerpunkte. Er lehrt heute als Ordinarius für Iberoromanistik an der Universität Zürich.

SAID, geb. 1947 in Teheran, kam 1965 nach München. Sein politisch-demokratisches Engagement verunmöglichte ihm seine Rückkehr in den Iran bis zum Sturz des Schah. Doch auch danach sah SAID keine Möglichkeit zu einem Neuanfang in seiner Heimat: er lebt in München. Für seine Gedichte und Hörspiele erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 2002 den Adelbert-von-Chamisso-Preis.

In den Ruinen von Al-Zahrâ’

Paläste, die der Glanz der Feste füllte –
wer kann in den Ruinen jetzt noch wohnen?
Der Vögel Klage tönt von allen Seiten;
bald schweigen sie, bald hallt ihr Zwitschern wider.
Da wandte ich mich einem Vogel zu,
auf dessen Herz erschrockne Trauer lag:
„Worüber klagst und weinst du, kleiner Sänger?“ –
„Über die Zeit, die ging und niemals wiederkehrt!“

IBN AL-’ARABÎ



Das knarrende Bett

Genuß ist nur, wenn Wein im Glase klingt,
und Leben nur, wenn unsere Bettstatt knarrt.
Auch wenn ich grau bin, liebe ich noch immer
den Schattensaum, der auf dem Bach sich spiegelt.

IBN KHAFÂDJA



Laß es sein!

Mein Herz, warum erstrebst du Gut und Reichtum,
verfolgst die krumme und verdrehte Zeit?
Wenn Du sie ziehst an ihres Mantels Saum,
so wird sie dir sogleich zu einer Falle.
Die Zeit ist böse, das ist offenbar!
Du suchst nach Ruhm und Ehre? Laß es sein!

YEHUDA HA-LEWI

Arabische und hebräische Gedichte aus dem maurischen Spanien

Das Wunder von Al-Andalus
Übertragungen, Präsentation und
Lesung in den Originalsprachen:
Georg Bossong

Einführung: SAID

Sprecher:
Beate Himmelstoß und Helmut Becker

Dienstag, den 20.09.2005
20:00 Uhr

Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3 / U6 Haltestelle Universität)

In Zusammenarbeit mit dem C. H. Beck-Verlag.

Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei