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Das Tal der Rituale

Fuad Rifka wurde 1930 in Syrien geboren, wuchs im Libanon auf, studierte in Beirut und war Mitbegründer der literarischen Avantgarde-Zeitschrift Schi’r. Er promovierte1965 in Tübingen über die Ästhetik bei Heidegger. Seit 1966 ist er Professor für Philosophie in Beirut. Er übersetzte Hölderlin, Rilke, Trakl, Novalis, Goethe sowie verschiedene zeitgenössische deutsche Dichter ins Arabische: Die deutsche Lyrik, sagt er, ist „ein Freund, mit dem ich ruhig im selben Haus wohnen kann.“ Für seine einzigartige Vermittlertätigkeit erhielt er 2001 den Friedrich-Gundolf-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, deren Mitglied er auch ist.

Rifkas eigene Lyrik ist in Deutschland bisher in drei Publikationen erschienen: Tagebuch eines Holzsammlers (Heiderhoff 1990, vergriffen.) und Gedichte eines Indianers (Heiderhoff 1994, vergriffen) hat er 1991 und 1993 jeweils im Lyrik Kabinett vorgestellt. Das Tal der Rituale, dem der heutige Abend gewidmet ist, erschien 2002 bei den „Straelener Manuskripten“ in der Übersetzung von Stefan Weidner sowie Ursula u. Simon Yussuf Assaf. Der Band versammelt Rifkas schönste Gedichte aus den letzten 15 Jahren.

Die Dichtung Fuad Rifkas beginnt bei einer imaginären Stunde Null, oder sie steuert auf diese Stunde Null zu. Die Stunde Null ist der Tod und das Verstummen, oder sie ist der Geburtsschrei und die Geburt. Das ideale Gedicht ist dasjenige, das so nah wie möglich an diese Stunde Null gelangt oder das sich so wenig wie möglich von ihr entfernt. Der Gedanke als formulierter Gedanke, die Reflexion perlt an diesem Gedicht ab. Das Gedicht tut, als wäre es vorsprachlich... Die Dichtung Rifkas ist mit kaum einem kulturellen oder poetologischen Diskurs der Gegenwart kompatibel, keinem jedenfalls, der... einen nennenswerten Platz in der kulturellen Öffentlichkeit innehätte. Eine Provokation oder eine Erlösung: Poesie. (Stefan Weidner)


Stefan Weidner, geb.1967, studierte Arabistik, Germanistik u. Philosophie in Göttingen, Damaskus u. Bonn und lebt heute als Publizist, Übersetzer und Islamwissenschaftler in Köln. 1996 stellte er zus. mit Khalid Al-Maaly im Lyrik Kabinett den irakischen Dichter Badr Shakir As-Sayyab vor, 1998 den arabischen Dichter Adonis.

 

Hymne an die Liebe und die Kindheit

III
Zeit der Rosen,
Zeit der Hälse und Zöpfe,
Zeit der Augen, versunken in Augen,
Zeit der Briefe, gefunden in Büchern,
Zeit der heimlichen Treffen, der Furcht unter den Sternen,
Zeit der Tränen und Schlaflosigkeit,
Zeit der Gedichte auf wolkiger Leier,
Zeit des frühlingshaften Glanzes im Körper,
Zeit des Gesangs, absichtslos, wie der Atem des Morgens,
Zeit der Liebe aus verirrtem Klang,
Zeit des göttlichen Wahns,
Zeit allen Anfangs:
Zeit der Liebe.

Fuad Rifka.
Aus: Tal der Rituale

„Das Tal der Rituale“

Fuad Rifka

liest aus seinen Gedichten.

(arabisch/deutsch)

Einführung: Stefan Weidner

 

Montag­, den 22.09.2003
20:00 Uhr

Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rg.

(U 3 / U 6 Universität)

Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.

Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei