Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Langsamer träumen! denke ich und sehe /
mich nach Deckung um
Aber vielleicht ist auch Gott, wie die Vernunft, /
nur für wenige.
Münchner Reden 9
Kurt Flasch
Wie der Umgang mit Philosophiegeschichte nicht nur profunde Einsichten befördern sondern zudem gelehrtes Vergnügen bereiten kann, zeigt Kurt Flasch in seinem Lebenswerk.
Wenn er in seiner Münchner Rede zur Poesie mit philosophisch-philologischer Finesse darüber reflektiert, ob in Dantes Inferno Odysseus zu Recht oder Unrecht im achten Höllenkreis sitzt, dann steht bei Kurt Flasch auf dem Spiel, welche Bedeutung Dante dem Erkennen zuerkannt hat, wie es mit der Auslegungskunst großer Dantisten zwischen «Punitionisten» und «innozentisten» bestellt ist, was dem mittelalterlichen Denken zuzutrauen ist – und es geht nicht zuletzt bei Kurt Flasch wie immer um das Selbstverständnis des sogenannten modernen Menschen.
Kurt Flaschs Reflexion auf Canto 26 von Dantes Inferno macht anschaulich deutlich, wie dieser großartige Dichterphilosoph im Gefolge der aristotelischen Metaphysik die Menschen als «von Natur aus» Wissenwollende versteht und sie, so wie auch Odysseus, im irdischen Leben durch ihre göttliche Natur bestimmt sind.
In diesem Sinne ist «Poesie bei Dante noch Boccaccio Plauderstunde; sie ist gestaltete Welterkenntnis.»
Kurt Flasch, geboren 1930 in Mainz, war nach seiner Habilitation von 1970-1995 Ordinarius für Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum.
Er ist Mitglied bedeutender Akademien, darunter die römische Accademia dei Lincei und die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, die ihm im Jahr 2000 den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa verlieh; einer der vielen Preise, mit denen das Werk des sprachmächtigen Historikers der spätantiken und mittelalterlichen Philosophie ausgezeichnet wurde.
Münchner Reden zur Poesie
Die Reihe widmet sich poetologischen Fragen und dokumentiert zugleich die Bedeutung, die der Dichtung in verschiedenen Bereichen der Gegenwartskultur zukommt. Die Reden werden ein- bis zweimal jährlich gehalten. Sie wurden begründet von Ursula Haeusgen und Frieder von Ammon und werden herausgegeben von Holger Pils und Frieder von Ammon.