publikationen-detail_01

Langsamer träumen! denke ich und sehe /
mich nach Deckung um

(Harald Hartung)

Münchner Reden 4

Anja Utler

plötzlicher mohn

Nachdem die Position des Autors demokratisiert worden ist - jede, jeder kann und darf schriftlichen Ausdruck suchen, erzählen; auf Gehör hoffen - ist die Position der Leserin und des Lesers nach wie vor autoritärem Zugriff ausgesetzt, dem (teils imaginierten) Imperativ von Texten, sie auch >richtig!< zu verstehen. Die Lese-Position statt dessen zu demokratisieren hieße, wie die Dichterin Anja Utler in >plötzlicher mohn< zeigt. die Lesenden als aktive Größe und die individuelle, sinnliche: Sinn-Erfahrung des Textes als unbedingten Wert zu etablieren. Dazu aber braucht es auch Texte, die einen solchen, demokratisierten Leseprozess begünstigen: Texte; die nicht auf die Mitteilungsfunktion der Sprache setzen, sondern auf deren lyrisches Potential. In einer exemplarischen Lektüre des russisch-tschuwaschischen Dichters Gennadij Ajgi zeichnet diese >Rede zur Poesie< den Weg nach, auf dem Gedichte es LeserInnen gestatten, sich selbst in ihre Beziehungsfäden zu knüpfen, diese dort zu kappen und hier mit neuem Zug zu versehen, sie anzuschlagen und in ein ganz eigenes Schwingungsmuster zu bringen. Und sich so selbst zu (er)hören und zu ersprechen: als aktualisierte Gegenwart, die durch das Lesen in eine neue Spannung gebracht ist zu sich selbst und dem Text, zur Welt und der Sprache.

Anja Utler, geb. 1973 in Schwandorf (Oberpfalz). studierte Slavistik, Anglistik und Sprecherziehung. Sie promovierte 2003 mit einer Arbeit über >Weibliche Antworten< auf >menschliche FragenKategorie Geschlecht in der russischen Lyrik (z. Gippius. E. Guro, A. Achmatova, M. Cvetaeva). 1999 erschien ihr Gedichtband aufsagen, 2004 münden - entzüngeln und 2006 (zugleich auch als CD bei merz & solitude) brinnen.
Sie wurde u.a. mit dem Leonce-und-Lena-Preis (2003) und dem Horst-Bienek-Förderpreis (2005) ausgezeichnet.


Münchner Reden zur Poesie

Die Reihe widmet sich poetologischen Fragen und dokumentiert zugleich die Bedeutung, die der Dichtung in verschiedenen Bereichen der Gegenwartskultur zukommt. Die Reden werden ein- bis zweimal jährlich gehalten. Sie wurden begründet von Ursula Haeusgen und Frieder von Ammon und werden herausgegeben von Holger Pils und Frieder von Ammon.

Warenkorb
Es befinden sich derzeit keine Artikel in Ihrem Warenkorb.
publikation_30
Vergriffen

Anja Utler

plötzlicher mohn

Münchner Reden zur Poesie
23 S., Broschur
Buchgestaltung und Typographie von Friedrich Pfäfflin (Marbach)

Lyrik Kabinett,
Juli 2007

ISBN 978-3-938776-14-8, 12,00 €