Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Langsamer träumen! denke ich und sehe /
mich nach Deckung um
Wenn Sie ein Gedicht lesen,
dann lesen Sie es am besten so,
sehen Sie, so.
Selbstverständlich können Sie
es auch anders lesen.
Lyrik Kabinett Bd.12
Anton (Israel) Pincas
Anton (Israel) Pincas, der Gewinner des angesehenen Israel-Preises für Dichtung 2005, wurde 1935 in Sofia, Bulgarien, geboren und kam 1944 mit seiner Mutter nach Tel Aviv.
Er hat bei der Presseagentur »United Press« gearbeitet und – sowohl als Übersetzer als auch als Herausgeber – für die namhaften Verlagshäuser »Am Oved« und »Sifriat Poalim«. Er leitete außerdem zwei Kunstgalerien und befasst sich auch heute noch mit zeitgenössischer Kunst. Bis vor kurzem teilte er seine Zeit zwischen Tel Aviv und Paris.
Mit der Veröffentlichung von Gedichten begann Anton Pincas 1951. Der erste von bisher acht Gedichtbänden erschien 1961, der letzte 2008. Seine gesammelten Gedichte Mare Nostrum kamen 1999 heraus. Eine Auswahl seiner Gedichte auf Französisch, Discours sur le Temps übersetzt von Emmanuel Moses, erschien 1997 bei »L'Escampette« in Bordeaux.
Anton Pincas ist ein Dichter des meditteranen Raumes. Gut vertraut mit der klassischen Dichtung, hat er sich bewusst dem Meer zugewandt und betrachtet Israel als ein Land des alten Mare Nostrum, der abendländischen, jüdisch-christlichen Kultur. Er ist ein Beobachtender und ein Erinnernder, der in seinen Texten das Wesen der Zeit heraufbeschwört: Als Kristallisation der Innerlichkeit ist die Zeit bei Pincas ein Synonym für die Erinnerung.
Tuvia Rübner, 1924 in Bratislava (Pressburg) geboren, kam 1941 auf einem letzten Fluchtweg nach Palästina, siebzehn Jahre alt, und schrieb Gedichte in deutscher Sprache. Seit sechzig Jahren lebt er im Kibbuz Merchavia. Dort fing er als Hirte an, lernte Hebräisch, gewann die Freundschaft von Werner Kraft, Ludwig Strauß und anderen, übersetzte aus beiden Sprachen in beide, zum Beispiel Romane von Joseph Agnon, war Professor für deutsche und hebräische Literatur an der Universität Haifa, und schrieb Gedichte in hebräischer Sprache, ein lyrisches Werk, das in Israel viel bedeutet. Dafür erhielt er 2008 den Jerusalempreis. Im Alter hat Tuvia Rübner die deutsche Sprache, die ihm immer gehörte, als Poesie zurückgewonnen, es ist ein eigener Reichtum, der ihm weder selbstverständlich noch ganz geheuer sein kann. Seine Werkausgabe erscheint im Rimbaud-Verlag, Aachen. – Am 10. Juni 2012 wird Tuvia Rübner in Weimar der Literaturpreis der Berliner Konrad-Adenauer-Stiftung im Wert von 15.000 Euro verliehen für sein Engagement als Brückenbauer zwischen Kulturen, Sprachen und Literaturen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Sarah Kirsch, Louis Begley, Herta Müller, Daniel Kehlmann, Uwe Tellkamp und Arno Geiger. Die Laudatio hält Adolf Muschg.
Beide Autoren, in diesem Fall Autor und Übersetzer, sind Anfang der vierziger Jahre aus ihrer alten Heimat nach Israel gekommen, auf der Flucht vor den Nazis. Bei allen Unterschieden zwischen den zwei Personen – durch diese Ähnlichkeit der Erfahrung bekommt der Text auch in der Übersetzung eine ungeheuere Intensität, Tiefe und Weite.
Blue Books
In unregelmäßiger Folge veröffentlichen wir in dieser Reihe Publikationen, die sich häufig aus unseren Lesungen ergeben haben oder die zu besonderen Anlässen erscheinen. Die Buchumschläge sind in verschiedenen Blautönen gehalten. Die Auflagen sind limitiert.